Making Things

Margit Gast

Die Maker-Bewegung stellt eine Subkultur dar, deren Hauptmotivation es ist, mit modernen, technischen Hilfsmitteln „Back to the roots“ zu gehen und Dinge wieder selbst zu produzieren und zu reparieren. Die „Maker“ stehen damit in Opposition zur Wegwerfgesellschaft und rücken die Selbstbestimmung des eigenen Lebens wieder ins Zentrum. Eine neue Lebensweise wurde so auf Basis moderner Technik etabliert und zwar in Form einer neuen und spannenden Initiative. Mitglieder der Maker-Bewegung treffen sich in so genannten Hackerspaces oder FabLabs, also in Technologielaboren, die auf der ganzen Welt zu finden sind. Mitmachen kann im Prinzip jeder der das nötige Interesse mitbringt und der offen für freies Denken und einen gewissen Wandel ist.

mt_corsetEines der modernen technischen Hilfsmittel, welcher sich die Maker-Bewegung bedient, ist der 3D-Drucker. Mit dem nötigen Know-How können damit in verschiedenen Bereichen der Medizin, Kunst, Technik oder Wirtschaft reale Objekte, wie etwa Modelle (Prototypes) oder andere, zum Teil hoch individualisierte Produkte hergestellt werden. 3D-Druck hat seinen Ursprung bereits in den 80er Jahren, er ist also nicht ganz so neu und innovativ, wie er oft dargestellt wird.

Es gibt zahlreiche Beispiele für witzige, kreative und auch verrückte Projekte, die sehr einfach mit Hilfe eines 3D-Druckers realisiert werden können. Die einzige Voraussetzung ist ein gewisses Maß an Know-How in der Bedienung eines CAD-Programmes, von denen es auch schon sehr einfach zu bedienende Onlineversionen gibt.

Aus der Modebranche kommen zum Beispiel „3D-gedruckte“ Kleidung, Schmuck oder Schuhe. Auch Spielzeug wie Lego-Steine oder Plastik-Männchen und Ersatzteile können ausgedruckt werden. Unter Zuhilfenahme eines 3D-Scanners ist es möglich, eine reale Person – zb. sich selbst – einzuscannen und in Miniaturform auszudrucken. In der Medizin werden bereits Knochen und Gelenksteile für Prothesen fabriziert und in Zukunft sollen ganze Organe für Transplantationen aus dem Drucker kommen. In den Medien wird vermehrt von Häusern berichtet, die zum Beispiel von einer chinesischen Firma äußerst kostengünstig mit Hilfe eines riesigen 3D-Druckers hergestellt werden oder im Rahmen des niederländischen „Canal House Projects“ fabriziert werden.  Eine weitere Sensation ist der 3D-Drucker „Foodini“ eines spanischen Unternehmens, der noch im Jahr 2014 Lebensmittel wie Pizzen, Burger, Gebäck, Spaghetti und Schokoladefiguren in einem Stück ausdrucken können soll, oder der “Chefjet”, mit dem bereits jetzt Süßigkeiten in allen Formen und Farben hergestellt werden können.

Schon heute ist 3D-Druck bereits so weit ausgereift, dass man sich den Drucker nach Hause ins Wohnzimmer holen kann. Um rund 1000€ ist er in großen Elektronikfachmärkten erwerbbar und für weniger als die Hälfte gibt es Bausätze, um sich einen 3D-Drucker selbst zu bauen.

Wenig geeignet ist 3D-Druck für die Produktion einer hohen Stückzahl wenig individualisierter Produkte, dafür eignen sich andere Verfahren des „Additive Manufacturings“ besser. Additive Manufacturing bedeutet in etwa „sich schichtweise aufbauende Serienfertigung“ und ist ein industrielles Verfahren, bei dem, basierend auf elektronischen Datenmodellen, ein reales Objekt entsteht.

Neben den Errungenschaften, die uns der 3D-Druck bereits ermöglicht und dem was uns für die Zukunft prognostiziert wird, gibt es natürlich auch, wie bei fast jeder Technologie: The Dark Side.

Für großes Aufsehen sorgte 2012 die erste, voll funktionsfähige Waffe aus dem 3D-Drucker. Der junge Cody Wilson schuf mit dem „Liberator“ eine voll funktionsfähige Waffe aus Kunststoff, deren Einzelteile fast vollständig mit einem 3D-Drucker produziert wurden. Auf seiner Website „Defense Distributed“ war der Plan für den „Liberator“ bereits nach zwei Tagen über 100.000 Mal heruntergeladen worden und Wilson wurde vom „Wired Magazine“ zu einer der gefährlichsten Personen der Welt gekürt. Was damals noch nicht allzu ernst genommen werden musste, da man mit der Waffe lediglich einen einzigen Schuss abfeuern konnte, hat jetzt, im Sommer 2014 bereits eine andere Dimensionen angenommen. Inzwischen werden von Unternehmen wie „Solid Concepts“ voll funktionsfähige Feuerwaffen aus Metall gedruckt.

Lee Cronin, Chemieprofessor an der Universität Glasgow stellte auf einer TED-Konferenz die Idee vor, Arzneimittel selbst herzustellen. Er entwickelte einen 3D-Drucker, der dazu in der Lage ist, einfache chemische Reaktionen zu erzeugen um verschiedene Moleküle herzustellen. Mit dieser „chemischen Tinte“ könnten dann verschiedene Elemente des Periodensystems wie Wasserstoff oder Karbon hergestellt werden, aus denen wiederum Arzneimittel entstehen.

Viele Arzneimittel sind laut Cronin global nicht verfügbar, weil eine zu geringe Nachfrage dafür besteht, oder weil sich bedürftige Personen diese schlichtweg nicht leisten können. Mit seinem Modell – dem ‚Chemputer’ – lädt man sich ein Rezept zu einem moderaten Preis herunter und druckt sich seine Pillen just in time aus. Der Ansatz „günstige Medikamente für alle und überall“ klingt gut, jedoch stellt sich die Frage, inwiefern diese Technologie auch missbräuchlich verwendet werden und ob sie neben großem Nutzen nicht auch Missbrauch ermöglichen kann.

Ein anderer Kritikpunkt am 3D-Druck ist die durch ihn verursachte Umweltverschmutzung. Als Basismaterial der Geräte für den Hausgebrauch dient meist Plastikfilament, das aus ökologischer Sicht nicht ganz unbedenklich ist. Da Plastikmüll seit Jahren ein großes globales Umweltproblem darstellt, ist es fragwürdig, ob noch mehr davon erzeugt werden soll. Beim Schmelzen des Filaments im Zuge des Druckprozesses wird außerdem enorm viel elektrische Energie verbraucht, was einen weiteren, die Umwelt belastenden Faktor darstellt.

Doch nicht alle beim 3D-Druck verwendeten Materialien schädigen die Umwelt. Bei dem am spanischen “Institute for Advanced Architecture of Catalonia” entstandenen Forschungsprojekt “Stone Spray” baut ein 3D-Druck Roboter architektonische Objekte, wie etwa Brücken, zumindest schon zum Teil mit den vor Ort vorhandenen Materialien wie Erde oder Sand.

Wird nun also jede Privatperson in den nächsten fünf Jahren einen 3D-Drucker besitzen und durch die neuen Möglichkeiten, die diese Form der Selbstverwirklichung mit sich bringt, zu Unabhängigkeit und einem neuen Sinn im Leben finden? Die Meinungen von ExpertInnen driftet in diesem Punkt stark auseinander. Peter Troxler von der Rotterdam University meint dazu in seinem Vortrag auf der re:publica 2014 in Berlin, dass sich 3D-Druck bei Privatpersonen, wenn überhaupt, wohl eher erst in den nächsten 10 Jahren etablieren wird. Laut Duann Scott, Design Evangelist beim 3D-Druck Unternehmen „Shapeways“, startet der absolute Hype um 3D-Druck bei Privatpersonen genau jetzt, da soeben bestimmte Schlüsselpatente für das Verfahren ausgelaufen sind.

3D-Druck ist eine alte, neue Technologie, mit der man die eigene Individualität in einer nie zuvor da gewesenen Form ausdrücken kann. Alles scheint möglich zu sein. Die Maker-Bewegung nutzt diese Technologie für ihr Ziel, der Wegwerfgesellschaft den Rücken zu kehren und Dinge wieder selbst zu produzieren und zu reparieren. Durch das Tun der Maker steigt der ideelle Wert von Produkten wieder, denn ein Objekt, das man mit den eigenen Händen oder durch selbst erworbenes, technisches Wissen produziert oder repariert hat, ist für die meisten Menschen mehr wert, als ein anonymer, beliebig austauschbarer Gegenstand.

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Quellen:
Abbildung 1: Garden of Eden, 3D Printed customisable corset by Michaella Janse van Vuuren
Abbildung 2: www.lostateminor.com – Erstes 3D-gedrucktes Kleid
Abbildung 3: wikipedia.org – Albatross mit Plastik im Magen

Medizin:
diepresse.com – Der Ersatzteil-Mensch: Moderne Medizin baut kaputte Teile in 3D
futurezone.at – 3D-Drucker soll Ersatzteile für Menschen produzieren
www.krone.at – Zehn Häuser mittels 3D-Drucker an einem Tag erbaut
www.naturalmachines.com
www.stonespray.com
theguardian.com – The „Chemputer“ that could print out any drug
www.techrepublic.com – The Dark Side of 3D printing
www.techrepublic.com – Cody Wilson: 3D gun anarchist
www.computerwelt.at – 3D Drucker: 2014 steht Boom bevor

Margit GastMaking Things

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