Modeerscheinung Blogs

Sarah Jakober

Lifestyle … Food … Technik … Mode … Travel … Hochzeit … Do it Yourself … Dekoration … Familie – es gibt nahezu kein Thema, worüber es keinen Blog gibt. Überall begegnet man heute im Internet den selbsternannten Journalisten. Wie aus dem Nichts schoss auf einmal ein Blog nach dem anderen ins Netz, wie Unkraut aus der Erde.
Doch was treibt eigentlich Menschen dazu ihr eigenes Leben im Internet darzustellen? Ist es der Drang nach Selbstdarstellung und Aufmerksamkeit, die Veröffentlichung von Hilfestellungen für andere oder wird damit schlicht und einfach Geld gemacht?

Das Wort Blog bzw. Weblog setzt sich aus den beiden Worten Web und Log (für Logbuch) zusammen. Ein Blog ist also mehr oder weniger ein Tagebuch, das eine chronologische Liste von Einträgen beinhaltet. Verschiedene Definitionen sprechen von einem Medium zur Darstellung von Aspekten des eigenen Lebens und von Meinungen zu spezifischen Themen. Eine Interaktion zwischen Autor und Leser ist durch Kommentare möglich. Die Beiträge enthalten neben Text oft auch Bilder, Videos oder Audiodateien und interne und externe Verlinkungen auf Beiträge oder Webseiten. Ein weiteres Merkmal, das viele Blogs enthalten, ist der sogenannte „Blogroll“, der sich am linken oder rechten Rand befindet und eine Liste mit den Lieblingsblogs und -Webseiten des Autors enthält.

Was bewegt die Menschen also dazu, so viel über das eigene Privatleben preiszugeben?

Dahinter steckt wohl derselbe Drang nach Selbstdarstellung, den jeder Benutzer eines sozialen Netzwerkes irgendwie in sich trägt. Doch einige Blogger scheinen den Teil der Definition, der Blogs als elektronisches Tagebuch beschreibt, auch sehr wörtlich zu nehmen – jede Mahlzeit wird fotografiert und im Feed von Instagram erscheinen mindestens 5 Fotos pro Tag. #lunch oder #nomnom sind dabei nur zwei der gängigen Hashtags, die dieses Phänomen bezeichnen.

Von technischer Seite gesehen, wird es Bloggern heutzutage sehr einfach gemacht sich der breiten Öffentlichkeit des Internets mitzuteilen. Plattformen und Tools wie WordPress oder Blogspot und dazugehörige Blogging Tools ermöglichen es jedem, der sich zumindest ein bisschen mit dem Web 2.0 auskennt, einen Blog zu verfassen, ganz ohne jegliche Programmier- oder andere Technik-Kenntnisse.

Die Art und Weise wie Blogs aussehen oder welche Themen sie behandeln sind dabei ganz unterschiedlich. Mit sogenannten DIYs (was für “Do it Yourself” steht) etwa bieten viele Blogger Anleitungen zum Nachmachen für ihre Leser. Diese Anleitungen reichen von kleinen Basteleien zur Dekoration des Geburtstags der Schwester, über Ideen für Geschenke für den 80. Geburtstag der Oma bis hin zu richtigen Projekten zur Umgestaltung des eigenen Zimmers oder gar der ganzen Wohnung.

Auch Rezepte bzw. diverse Arten von Food-Blogs lassen sowohl Schreiber als auch Leser ihre kulinarischen Vorlieben ausleben. Blogger posten ihre liebsten Rezepte sowie dazugehörige Bilder, die zum Nachkochen oder -backen anregen sollen. #foodporn ist dabei nur eines der vielen Schlagwörter, mit denen solche Bilder vom sonntäglichen Frühstückstisch oder von den „ganz schnell gezauberten“ Cupcakes – die zweifelsohne nicht ohne stundenlange Bearbeitung entstanden sein können – regelmäßig versehen werden. Und auch aus jedem einzelnen Restaurant, das besucht wird, wird ein Foto gepostet – ob dies der reinen Information dient oder den Neid der Follower heraufbeschwören soll, sei einmal dahingestellt.

Für den einen oder anderen Blogger steht aber auch ein finanzieller Anreiz im Vordergrund. Gerade bei sogenannten Vlogs (Video-Blogs) auf Youtube werden die Darsteller oftmals sehr gut von der Plattform bezahlt und leben so von ihrem Hobby. Manche Unternehmen unterstützen diverse Blogger, indem sie ihnen Produkte zur Verfügung stellen, die diese dann bewerben sollen, indem sie Artikel darüber verfassen. Bei beiden Blog-Arten gilt – je mehr Follower, desto mehr Unterstützung. Als „Normalsterblicher“ fragt man sich dann schon des Öfteren nach der Fairness bzw. auch nach der Sinnhaftigkeit, wenn einem Blogger das 17. Schminkset in einem Monat zugeschickt wird, von Freude darüber kann bei den Hobbyjournalisten keine Rede mehr sein. Gezwungenermaßen wird eben alles in die Kamera gehalten und eine (mehr oder weniger ehrliche) Meinung dazu verfasst – ob diese allerdings so brauchbar ist, nachdem sie ja mehr oder weniger „erkauft“ wurde, ist eher fraglich.

Mit Hilfe von Blogs kann mal also seine Meinung mit anderen teilen, indem man über eigene Erfahrungen schreibt, jene der anderen liest und sich darüber austauscht. Auch die Möglichkeit sich über Fotos auszudrücken, was vielen Bloggern oft leichter fällt und somit näher liegt, ist durch verschiedene Arten von Blogs oder Mikroblogs (wie etwa Flickr oder Instagram) gegeben. Der Faktor, der hier eine wichtige Rolle spielt, ist Quantität. Wenn man nun wirklich jedes noch so kleine Ereignis aus dem eigenen Leben postet, stellt sich schnell die Frage nach der Intimität bzw. der Privatsphäre. Diese ist vor allem bei sogenannten Elternblogs besonders wichtig. Einer der Gründe, wieso diese in den letzten Jahren an Wichtigkeit gewonnen haben ist, dass man heutzutage vielleicht nicht mehr ganz so eng mit der Familie zusammenlebt, wie dies noch vor Jahren der Fall war, als oft drei oder mehr Generationen gemeinsam unter einem Dach gelebt haben.

Vor allem Blogs oder Mikroblogs – allen voran Twitter – unterstützen Eltern heutzutage in der Hinsicht, dass man seine Erfahrungen mit anderen teilen bzw. sich Rat suchen kann, wenn gerade niemand zur Stelle ist, den man fragen könnte. Was hier aber  besonders fragwürdig ist, ist die öffentliche Zurschaustellung von Kindern im Netz. In unserer Generation entstanden die ersten Social Media Seiten, wie etwa Facebook, und jeder kann selbst entscheiden, ob er sich diesen anschließt und ein Profil erstellt, oder eben nicht. Kinder können diese Entscheidung nicht selbst treffen, weil sie oft bereits von Geburt an im Internet präsent sind, da ihre Eltern sich dafür entschieden haben, Bilder von ihnen im World Wide Web zu posten. Und wie wir alle wissen, ist es viel einfacher Daten im World Wide Web zu veröffentlichen als sie später wieder aus selbigem herauszubekommen.

Einige Blogger sehen überhaupt kein Problem darin, Privates preiszugeben und dazu gehört nun auch einmal die Familie. Andere wiederum wollen nicht, dass jeder den richtigen Namen kennt, posten nur Bilder, auf denen man kein Gesicht erkennen kann und würden niemals etwas über ihre Kinder veröffentlichen, sei es Name, Geschlecht oder Bilder. Natürlich bleibt die Entscheidung was und wieviel man über das eigene Privatleben preisgeben möchte jedem selbst überlassen. So oder so ist es für einen Erwachsenen, der irgendwann feststellt, dass seine ganze Kindheit nicht in einem privaten Fotoalbum, sondern auf einem öffentlichen Blog festgehalten wurde, nicht immer einfach mit dieser Situation umzugehen. Es möchten wohl die wenigsten Fotos von sich selbst im Netz finden, in denen sie in Windeln auf dem Familienfest der Großeltern von einem Verwandten zum nächsten gereicht werden.

Noch weniger möchte man später im Erwachsenenalter rein private und vielleicht nicht ganz jugendfreie Fotos mit der Internet-Community teilen, nur weil der beste Freund keinen Gedanken an Datenschutz verschwendet hat.

Vor einigen Jahren waren Blogs also für die meisten vielleicht nur so etwas wie eine Modeerscheinung. Und auch heute gibt es immer wieder Personen, die nach der Erstellung eines solchen Online-Tagebuchs bereits nach 2 Wochen die Lust verlieren und nicht mehr weitermachen.
Dennoch sind sie mittlerweile zu einer eigenen Sparte des Web 2.0 geworden. Sie bieten einerseits eine Plattform zur Selbstdarstellung, ähnlich wie in anderen sozialen Netzwerken, erlauben es uns aber auch unser alltägliches Wissen zu teilen und so Gleichgesinnte zu finden, mit denen wir unsere Erfahrungen austauschen können. In vielen Fällen lässt sich mit Blogs dabei sogar Geld verdienen, auch wenn man als Leser eines kommerziellen Blogs nicht immer nachvollziehen kann, wie “ehrlich” manche Empfehlungen sind. Ein besonders wichtiger Teil ist aber auch die Privatsphäre, denn nicht immer hat man Einfluss darauf, welche Informationen von einem ins Netz gelangen. Vernetzen und teilen sind dabei wahrscheinlich jene beiden Worte, die das Thema Blogs ebenso gut beschreiben wie das Web 2.0 an sich.
Blogs sollen uns Einblick in das Leben von bestimmten Menschen bieten, von den einen eben mehr, von anderen weniger. Jedem Blogger sollte dabei aber genau bewusst sein, welche Informationen er preisgibt und dass er dabei auch eine gewisse Verantwortung trägt.

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