Cyber-Grooming – Gefahren für Kinder im Internet

Claudia Ganglberger

Jugendliche von heute verbringen sehr viel Zeit im Internet. Schon die Jüngsten sind regelmäßig im World Wide Web unterwegs, wie eine Studie von BITKOM belegt. Bereits 76 Prozent der Acht- bis Neunjährigen nutzen immerhin für 16 Minuten jeden Tag das Internet. Ab zehn Jahren sind bereits fast alle Befragten täglich online. Es ist spannend mit fremden Leuten zu chatten, neue Freundschaften aufzubauen und teilweise Stunden vor dem Computer, mit dem neuen Freund, zu verbringen. Leider sind die Absichten des Gegenübers nicht immer harmlos bzw. positiv. Jugendliche suchen oft durch Selbstdarstellung eine Bestätigung in sozialen Netzwerken, wodurch es für Fremde einfacher wird, das Vertrauen dieser zu erlangen. In diesem Zusammenhang fällt häufig der Begriff Cyber-Grooming. Dabei erschleichen sich Erwachsene im Internet mit dem Ziel der sexuellen Belästigung bzw. Missbrauch das Vertrauen von Kindern und Jugendlichen.

Das Internet bietet den Nutzern zahlreiche Möglichkeiten, sich selbst darzustellen und die eigene Identität zu präsentieren. Auf Social-Media-Kanälen werden persönliche Informationen wie Name, Geschlecht, Alter, Wohnort, Interessen und vieles mehr angegeben, um sich selbst zu präsentieren, aber auch, um sich zu einer Community mit Personen, die ähnliche Interessen aufweisen, zusammenzuschließen. Die Schattenseite dieser Entwicklung ist allerdings, dass keiner die angegebenen Informationen tatsächlich kontrollieren kann bzw. man nie weiß, wer am anderen Ende hinter dem PC sitzt. Vor allem Kinder sind der Gefahr ausgesetzt, dass Kontakt mit vermeintlich Gleichaltrigen aufgebaut wird, es sich in Wahrheit aber um Erwachsene handelt. Es sind Fälle bekannt, in denen erwachsene Männer mit minderjährigen Mädchen Kontakt aufgenommen und sich dabei als gleichaltrige Mädchen ausgeben haben, um dadurch eine tiefe Freundschaft aufzubauen. In der Regel behalten die Täter aber die eigene Identität weitgehend bei und versuchen, durch lange Gespräche und Schmeicheleien, die Minderjährigen mehr oder weniger in eine „freiwillige“ Online-Freundschaft mit sexuellem Hintergrund zu drängen. Während langer Chats wird dabei das Vertrauen der Kinder gewonnen und die Pädophilen machen unmissverständliche Angebote, bieten Geld oder vorgetäuschte Freundschaften. Manche Kinder und Jugendliche können diesen Lockmitteln nicht widerstehen. Oftmals kommt es zum tatsächlichen Treffen und der vermeintlich gute Freund entpuppt sich als erwachsener Mann. Laut einer US-Studie sind täglich rund 20.000 Männer im Internet auf der Suche nach minderjährigen Mädchen. Zudem wurden 30 Prozent der befragten Mädchen im Netz schon einmal sexuell belästigt.

In der Fachsprache wird hierbei von Cyber-Grooming gesprochen. „Es steht inhaltlich für die Planungs- und Anbahnungsphase, die einem sexuellen Übergriff durch eine Person auf eine/n Minderjährige/n vorausgeht und diesen einleitet. Grooming muss dabei nicht zwangsläufig in einem direkten körperlichen Missbrauch enden, vielmehr erfasst man hierunter bereits das Einwirken mit dem Ziel Aufnahmen von sexuell geprägten Fotos/Videos von Kindern z.B. über eine im Notebook oder am Desktop PC vorhandene Webcam zu erlangen oder eine eindeutige Kommunikation mit sexuellem Inhalt zu führen.“ Seitdem im Jahr 2012 der Grooming-Paragraph (§208a StGB) in Kraft trat, ist dies auch in Österreich strafbar. Das Gesetz droht mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren und verbietet Cyber-Grooming, aber auch die Kontaktaufnahme mit sexuellen Absichten.

Allerdings haben sich in letzter Zeit Plattformen gebildet, auf welchen Personen unter Wahrung ihrer Anonymität teilweise den Kontakt mit Minderjährigen suchen. Die Online-Streamingplattform YouNow, ein Trend, der gerade Deutschland erobert, ermöglicht Tätern den Zugang in die Kinderzimmer. In Echtzeit filmen sich Kinder und Jugendliche mit ihrer Webcam, wobei sie mit den Zuschauern direkt über den angebunden Live-Chat kommunizieren können. Für die Nutzung wird lediglich ein Facebook-, Twitter- oder Google-Account, eine Webcam und eine Internetverbindung benötigt. Die Streams können ohne Anmeldung mitverfolgt werden, nur wer im Live-Chat kommentieren will, muss sich anmelden. Laut den Nutzungsbedingungen darf der Dienst nicht von Personen unter 13 Jahren verwendet werden, unter 18-Jährige benötigen zudem das Einverständnis der Eltern. Überprüft wird dies von YouNow nicht – dementsprechend finden sich dort auch extrem junge Nutzer, denen die Gefahr einer Live-Übertragung aus dem Kinderzimmer nicht bewusst ist und sie daher nicht einschätzen können.

Es sind bereits zahlreiche Artikel im Netz zu finden, die beschreiben, wie Redakteure sich durch die Streams klicken und dabei Videos mit teilweise sehr eindeutigen Kommentaren finden. Beispielsweise ein Video-Chat von zwei 13-jährigen Mädchen, die über belanglose Dinge sprechen, aber von Zusehern mit obszönen Kommentaren angesprochen werden. In einem anderen Stream wird eine 14-Jährige aufgefordert, ihren BH zu zeigen; kurze Zeit später macht sie das auch. Die Zahl der Zuseher springt innerhalb weniger Minuten von 172 auf 380. Das Mädchen steigt mit ihrem Stream in der Rangliste fast bis ganz nach oben – das Ziel, das die Jugendlichen zur Selbstbestätigung unbedingt erreichen wollen. Ein weiteres großes Problem verbirgt sich hinter der freiwilligen Veröffentlichung von persönlichen bzw. sensiblen Informationen. Auf Anfrage geben Kinder den Wohnort, die besuchte Schule oder die Telefonnummer preis. Oftmals sind Minderjährige nicht fähig, die Sensibilität dieser Daten zu erkennen. Diese können von Fremden leicht für negative Absichten verwendet werden.

Für Kinder und Jugendliche gibt es in der Welt des Internets zahlreiche Dinge zu entdecken und der Reiz des Unbekannten ist für viele spannend. Natürlich gibt es auch harmlose Situationen, in denen Jugendliche aus Spaß Dinge testen und die ersten Erfahrungen mit der eigenen Sexualität machen. Dennoch gibt es eine Grenze, wo aus Spaß Ernst wird, und es ist wichtig, vor allem Kinder darauf zu sensibilisieren, ab wann diese überschritten wurde.


Quellen:
http://blog.cebit.de/2014/05/04/kinder-erobern-das-netz/
http://www.spiegel.de/sptv/a-301244.html
http://www.gdp.de/id/_dp201202/$file/DP_2012_02.pdf
https://www.saferinternet.at/news/news-detail/article/307/
http://www.stern.de/tv/sterntv/streaming-plattform-younow-die-gefahr-der-livestreams-aus-deuts chlands-kinderzimmern-2170693.html
http://www.unicef-irc.org/publications/650/#pdf

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