Information Sluice

Hubert Blanz

Film Mittlerer Länge

Wahrnehmung ist eine Frage des Standpunkts und damit des Verhältnisses von Beobachter und beobachtetem System. Diese abstrakt anmutende Aussage mag zwar als Gegenstand endo-physikalischer Untersuchungen bis zu einem gewissen Grad beschreibbar und damit objektivierbar sein, bleibt aber der Selbstwahrnehmung des beobachtenden Subjekts weitgehend unzugänglich, da die affektive ‘Übersteuerung’ der simultan aktivierten Wahrnehmungskanäle die ‘bewusste’ Registrierung einzelner Parameter erheblich erschwert. Die Welt von innen zu erschließen, ist jedoch im Sinne einer künstlerischen Annäherung an die kognitiven Implikationen der eingangs getroffenen Aussage emotionaler Ausgangspunkt und Inhalt der Arbeit mit dem Titel Information Sluice. Die vielfältigen psychischen und physiologischen Operationen während des Wahrnehmungsvorgangs, die vermutlich von einer Vielzahl parallel ablaufender Vorgänge des kognitiven Verarbeitungsapparates getragen werden, liefern für Blanz ein reichhaltiges Repertoire rekonstruierbarer Vorstellungsbilder. Exemplifiziert innerhalb des Referenzrahmens individueller Suchvorgänge im World Wide Web hat Blanz die Bewegungsspuren seiner eigenen hypertextuellen Reisen durchs Netz während eines Zeitraums von ca. drei Monaten anhand von Textbildern und Audiofiles chronologisch dokumentiert.

Ein unablässiger Strom von Wortfetzen, Bildfragmenten und Klangstücken steuert visuelle und phonetische Assoziationsketten, führt zu einer überwältigenden Vielstimmigkeit an Eindrücken, die sich – wie oben beschrieben – im Einzelnen einer reflektierten Wahrnehmung entziehen und nach kontinuierlicher Verkürzung der Wiedergabeintervalle schlussendlich zu einem polyphonen Rauschen werden.

Um nun als externe BeobachterIn (‘Exo-Blanz’) die Perspektive einer im System befindlichen AkteurIn (‘Endo-Blanz’) zu gewinnen, muss diese notwendigerweise selbst Teil des beobachteten Referenzuniversums werden. Blanz sorgt für die Zugänglichkeit zu seinem Universum mittels einer Röhre, die allerdings, wie sich bald herausstellen wird, nicht in der Funktion einer Schnittstelle am anderen Ende eine neue Endo-Perspektive freigibt, sondern den durch die Röhre Gleitenden in verheißungsvoller Erwartung verharren lässt. Diese Gleitfahrt ist es jedoch, die zum eigentlichen Ereignis der Wahrnehmung wird. Wir betrachten gewissermaßen einen Bildschirm, der nicht etwa eine Interface-Objektivität, sondern vielmehr eine im Zustand permanenter Selbstentäußerung befindliche ‘hyperbolische Subjektivität’ zeigt. Die psychedelische Gleitfahrt durch das röhrenförmige Interfacemedium (Information Sluice) wird in reflexiver Umkehrung der generischen Ausgangsbasis gewissermaßen zum informativen Overkill des Gleitenden, der auf seinem Erkundungstrip durchs Blanz’sche Universum ganz ohne Vorwarnung sich selbst überlassen auf seine eigene Wahrnehmungswelt zurückgeworfen wird.

Auf eine der Schlüsselszenen von Danny Boyles Trainspotting Bezug nehmend, könnte diese Erfahrung als ‘Teppichvision’ des Medienjunkies bezeichnet werden.

Information Sluice
Hubert Blanz
Film Mittlerer Länge
13min

Hubert BlanzInformation Sluice

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